Wollladenbesitzer wider Willen

Zwei Männerhände mit begonnener HäkelarbeitLassen sich Handarbeiten und Schreiben miteinander kombinieren? Diese Frage stellte sich mir, nachdem ich während des ersten Lockdowns meine Strick- und Häkelnadeln aus der Versenkung gezogen hatte und fortan ein Häkeltierchen nach dem anderen fabrizierte. Mein wiederentdecktes Hobby machte mir soviel Spaß, dass die Tastatur länger unberührt blieb. Doch damit war ich nicht zufrieden. Also sinnierte ich: Ich müsste über das Handarbeiten schreiben. Natürlich kein Sachbuch, es sollte schon ein Krimi werden. Irgendwas mit einem Wollladenbesitzer wider Willen vielleicht …?

Wie aber würde jemand, der nichts für Handarbeiten übrig hat, zu einem Wollladen kommen? Die Antwort war schnell gefunden: via Erbschaft. Erben heißt: Jemand ist gestorben. Und schon hatte ich den ersten Ansatzpunkt für einen Krimi!

Während ich das Rückenteil einer Jacke strickte und mich nicht sonderlich konzentrieren musste, wanderten meine Gedanken immer wieder zu dieser Idee. Auch so lässt sich nämlich Handarbeiten mit Schreiben kombinieren: Man entwickelt beim Nadelschwingen den Plot!

Mein Protagonist, soviel war mir von Anfang an klar, würde ein häkelnder Mann sein. Warum? Man sieht sie nach wie vor selten in der Öffentlichkeit, er wäre also etwas Besonderes. Wie sollte er heißen? Sein Name sollte passend zum Hobby mit H beginnen. Herbert also? Nein, viel zu altmodisch! Der Kerl sollte Mitte Dreißig sein. Hugo? Nein, dann wäre er entweder sehr viel älter oder deutlich jünger. Henri? Ja! Sein Spitzname wäre Häkel-Henri.

Eine Flasche Bier, ein Glas Bier, drei SchnapsgläserIch fühlte mich derart inspiriert, dass ich etwas nach langer Zeit zum ersten Mal wieder tat: Ich legte Wolle und Nadeln beiseite, um zu schreiben. Während ich Henris Persönlichkeit entwarf, kamen mir weitere Ideen für den Kriminalfall. Zum Beispiel zu Henris Gegenspieler, dem Rinderzüchter Jochen. Mehr über ihn sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur soviel: Henri begegnet ihm beim Stammtisch in seiner Lieblingskneipe. Dort sitzt er friedlich mit seinen Kumpels Andi, Kris und Engelbert, als plötzlich Jochen dasteht – lässig an die Wand gelehnt und mit dubiosen Absichten …

Als ich soweit war, konnte ich mich dem weiblichen Personal der Story zuwenden. Es begann mit Edda, einer 58-Jährigen mit großen Plänen. Hinzu gesellten sich die Journalistin Gabriele, die Mechatronikerin Claudia, die gewalttätige Tierschützerin Sabine … Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie handarbeiten leidenschaftlich gern. Und sie sind – wie man im Norden so schön sagt – plietsch.

Der Roman ist mittlerweile zu Ende geschrieben. Wie es damit weitergeht? Wird erzählt! Versprochen.


Fotos: Karla Letterman

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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