Selbst bei den Tätigkeiten, die man leidenschaftlich ausführt, kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem man sich die Frage stellt: Lohnt sich der Aufwand?
Seit Jahren hämmere ich immer wieder Abertausende von Tastenschlägen in die Nacht. Zwei Drittel davon gehören zu meinen Romanen. Der Rest sind Versuchsreihen: neuer Tonfall, neues Setting, short story. Wow – ein Drittel von Abertausenden sind immer noch … mindestens Drölfhundertachtzigtausend. Zu viele Anschläge also, um bloß Fingerübung sein zu dürfen. Her also mit dem Nutzen!
Noch vor fünf Jahren habe ich kopfschüttelnd gefragt: Wozu nur hat der liebe Gott Kurzgeschichtenwettbewerbe erschaffen? Ziemlich genau ein Jahr später servierten mir die Macher der Berliner Wortrandale die Antwort auf dem Silbertablett. Auf diese Weise nämlich kann das Ergebnis deiner Fingerübungen in eine Anthologie mit fancy Titel einfließen, und du musst dich nicht mehr fragen: Lohnt sich der Aufwand?
Im Vergleich zu den Lettern verhält es sich mit den Handarbeiten etwas komplizierter. Erliegst du etwa der Versuchung, niedliche Babyklamotten zu stricken, reihst du zwar, vermutlich in Erwartung des Ergebnisses grenzdebil grinsend, fleißig Masche an Masche.
Du seufzt auch nur leise, wenn dann erstaunlich viele erstaunlich lange Nähte geschlossen werden müssen. Fluchst nahezu unhörbar, wenn du dir mit den feinen, spitzen Nadeln in den Finger piekst. Gluckst dafür beglückt auf, wenn Pulli und Hose hübsch vor dir liegen.
Doch dann … Irgendwann begreift auch die babybegeistertste Strickerin, dass die neckischen wollenen Wunderwerke den niedlichen Racker nicht lange wärmen: Nach drei, spätestens vier Wochen ist er schlicht herausgewachsen!
Frönt man – wie ich – einer zweiten Leidenschaft, dem Aneinanderreihen von Lettern, kann man derlei Frust immerhin noch zu einem Kapitel im Handarbeitskrimi umarbeiten. Einen echten, befriedigenden Nutzen hätte das Ergebnis geduldiger Stricksitzungen allerdings nur bei Weitervererbung.
Es sei denn …
Es sei denn, der liebe Gott erfände (und zwar bitte subito!) Babyklamotten-Niedlichkeitswettbewerbe.
Handarbeiten: Karla Letterman
Fotos: Thomas Schmitt-Schech (1) und Karla Letterman (2)
