Ohrwürmer und andere tierische Leiden

Ohrwürmer und ein Gecko mit SandOhrwürmer können hartnäckige Gesellen sein, das erlebe ich gerade wieder. Sind es sonst eher die späten 70er von Boney M oder der Goombay Dance Band, die sich ungeniert bei mir einnisten, wirbelt derzeit ein Kinderlied unentwegt durch meinen Kopf: Meine Biber haben Fieber.

Darin werden tierische Leiden aufgezählt, verbunden mit dem Wunsch, dem armen Getier das Leiden abzunehmen. Also etwa: … hätt‘ ich selber lieber Fieber, und den Bibern ging‘ es gut.

Und wie es bei Ohrwürmern eben so ist: je aberwitziger der Song, desto beharrlicher der Widerhall im Hirn.

Die fiebernden Biber und ihre Leidensgenossen haben eine groteske Leidenschaft in mir erweckt: Ich muss neue Strophen dichten! Während meiner gestrigen Zugfahrt hatte ich eigentlich Korrekturlesen auf dem Zettel (genauer gesagt: auf etlichen Zetteln!). Doch dazu kam ich kaum. Denn ich musste an Katzen denken. An „meine“ Katzen:

Meinen Katzen brenn‘ die Tatzen, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meinen Katzen brenn‘ die Tatzen, darum zieh’n sie solche Fratzen!
Hätt‘ ich selber heiße Tatzen, und den Katzen ging‘ es gut …

Danach schweiften meine Gedanken – schließlich lebe ich in Schleswig-Holstein – zu speziellem Meeresgetier:

Quallen unter der WasseroberflächeMeine Quallen müssen lallen, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meine Quallen müssen lallen, das führt häufig zu Krawallen,
müsst‘ ich selber lieber lallen, und den Quallen ging‘ es gut …

Nun könnte man mutmaßen, die Sun of Jamaica habe mir den Brägen verbrannt oder Rasputin sei hinter mir her. Ich wusste nicht mehr ein noch aus und klagte schließlich Laura mein Leid, die mich überhaupt erst mit Bibern & Konsorten bekannt gemacht hatte. Sie hörte mir ernsthaft zu und tröstete mich mit der Bemerkung, das gebe sich bald wieder. Eine Viertelstunde später schrieb sie mir folgende Nachricht:

Meine Rinder kriegen Kinder, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meine Rinder kriegen Kinder, wieso haben die jetzt Tinder?

Nun war mein Ehrgeiz natürlich erst recht geweckt, und ich konterte mit

Meine Flöhe fürchten Höhe, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meine Flöhe fürchten Höhe, nicht nur während einer Böe …

Laura, nun ebenfalls infiziert, textete unverdrossen weiter:

Meine Kühe haben Mühe, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meine Kühe haben Mühe aufzustehen in der Frühe …

Eine dicke schwarze Krähe hockt auf dem BodenIch spare mir die Hinweise auf Forellen, die bellen wollen und davon Dellen kriegen, ebenso wie die auf Kröten in Nöten, die gern flöten möchten. Doch eine Kostprobe muss noch sein, bevor ich der Forderung Gotta Go Home zustimme:

Meine Krähen müssen blähen, o die Armen,
will sich keiner denn der armen Tier‘ erbarmen?
Meine Krähen müssen blähen, und das könn‘ sie nicht verstehen!
Würd‘ ich selber lieber blähen, und den Krähen ging‘ es gut …


Fotos: Pixabay

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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