Echtes Publikum, echte Blumen, große Freude

Karla Letterman bei der Lesung mit PublikumMir war nicht klar, dass Stühlerücken einmal Musik in meinen Ohren sein würde! Ich, die ich sonst eher empfindlich auf Nebengeräusche reagiere, merkte am Donnerstag, wie sehr mir das gefehlt hat: echtes Publikum! Räuspern, niesen, hüsteln, sogar mit Taschentuchverpackungen knistern – plötzlich waren mir diese Töne höchst willkommen.

Karla Letterman wird vorgestellt von Charlotte KernerFast genau ein Jahr ist es her, dass meine Lesung mit Abstand aufgezeichnet wurde. Damals waren immerhin Hotelinhaberin Hilke Flebbe und Filmerin Mona Simone Luers anwesend. Aber seitdem – bis gestern – nichts als einsame Sitzungen vor dem Bildschirm. Das ist nicht nur öde, sondern es fehlt auch ein Korrektiv. Das Mikrofon nimmt gleichgültig jeden Ton entgegen, mag der Text beim Zuhören nun spannend erscheinen oder nicht. Echtes Publikum hingegen macht schon deutlich, wenn es sich langweilt …

Karla Letterman in ihrer Lesung bei der GedokGestern – endlich – war es soweit. Nach mehrmaligem Verschieben des geplanten Termins fand meine Einstandslesung bei der GEDOK Schleswig-Holstein, der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden, statt. Bevor ich aktuelle Kurzgeschichten aus meinem neuen Buch letztlich tödlich lesen konnte, stellte mich die Schriftstellerin Charlotte Kerner (›Blueprint‹) dem Publikum vor.

Objekte sorgten für Abstand

Dass wir coronabedingt auf Distanz bleiben mussten, fiel nicht besonders ins Gewicht, denn wir hatten Objekte zwischen uns, die sowieso für Abstand sorgten. Es waren die spannenden Exponate der Künstlerin Ingrid Mohr, deren Ausstellung ›Augenblick mal …‹ gerade in den GEDOK-Räumen läuft. Und damit erschloss sich für mich auf sinnliche Art und Weise der Vorteil dieser Künstlerinnen-Vereinigung: die Interdisziplinarität. In der GEDOK Schleswig-Holstein sind die Sparten Angewandte Kunst, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Literatur und Musik vertreten.

Marion Hinz überreicht Karla Letterman BlumenIm Anschluss an meine Lesung kamen Gespräche zustande, wie nur echtes Publikum sie hervorbringt. Diskussionen im virtuellen Raum ermüden wohl doch die meisten Menschen, und gegenüber einer Reihe von Kacheln verlieren Wortmeldungen die Lebendigkeit. Diesen Eindruck habe ich am Donnerstag extrem stark empfunden – und deshalb auch große Freude, dass mir wieder eine Live-Veranstaltung vergönnt war.

Zum Abschluss gab es sogar noch echte Blumen: einen wunderschönen, duftenden Rosenstrauß aus dem eigenen Garten von Marion Hinz, Fachbeirätin Literatur bei der GEDOK.


Fotos: Thomas Schmitt-Schech

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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