Wenn der Kulturfunke überspringt

Hinterhofkonzert mit Jazz und KlassikSich das leichte Sonntagsshirt überstreifen, aufs Fahrrad schwingen, in die Sonne radeln – und spontan bei jazzigen Klängen in einen Hinterhof einkehren. Ist das für immer Geschichte? Dank der Initiative „Kulturfunke“ in Lübeck zum Glück nicht.

Mit Beginn der Corona-Pandemie hat zweifellos eine neue Zeitrechnung begonnen, auch – und gerade – was kulturelle Events betrifft. Musikgruppen können erst seit Kurzem überhaupt wieder auftreten. Und dann sind sie auf großzügige Räumlichkeiten oder gutes Wetter angewiesen.

Künstler*innen aller Sparten trifft der Lockdown besonders hart, denn weil sie auf Publikum verzichten müssen, verzichten sie notgedrungen auf Einnahmen. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass Stiftungen und private Förderer Initiativen gegründet haben, um Kulturschaffende zu unterstützen. Mag man auch die komplexe Antragstellung der einen oder die Intransparenz der anderen Förderquelle kristisieren, so sind sie doch grundsätzlich unverzichtbar.

Die Initiative Kulturfunke etwa unterstützt interdisziplinäre Projekte. Und so konnte es passieren, dass wir am heutigen Sonntag, angetan in spätsommerlich-leichte Shirts, radelnd durchs Aegidienviertel, auf eine Konzertveranstaltung stießen, in der nicht nur Jazzstücke und Mozart-Sonaten gespielt, sondern außerdem passende Hintergrundtexte gelesen wurden. Aus Wolfram Knauers „Jazz in Deutschland“ trug Stadttheater-Schauspieler Steffen Kubach die Quintessenz vor: Play yourself, man! Die Kehrseite von Mozarts Dasein als Wunderkind wurde in den Auszügen aus „Das ausgestellte Kind“ von Peter Härtling deutlich.

Und doch diese Musik! Die Sonaten B-Dur und E-Moll (KV 378 und 304) ließen das Publikum andächtig schweigen, während die Singvögel „mitmusizierten“, wie Steffen Kubach gerührt feststellte. Zu den abwechslungsreichen Stücken der Lübecker Formation trioPLUS hatten die Gäste im Takt mitgewippt.

Fazit dieser wunderbaren Darbietung: Der Kulturfunke ist übergesprungen!


Foto: Karla Letterman

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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