„Jetzt schreibt er auch noch“, steht über den Politiker Wolfgang Kubicki in der Zeitung, dessen Name neuerdings ein Buch ziert. Ja, ist das so? Und wenn ja, warum? „Ist ja irgendwie in Mode gekommen, ein Buch zu schreiben“, wird Kubicki zitiert. Soweit also ist es mit dem Schreiben gekommen…
Man macht das irgendwie, weil alle Welt es tut.
Immerhin, so wissen jedenfalls die Lübecker Nachrichten zu berichten, habe Wolfgang Kubicki „einzelne Passagen (…) selbst verfasst“.
Was man sich darunter wohl vorstellen darf? Ich phantasiere mal wild, angeregt durch den Zeitungsartikel und durch den Anlass. Also: „Als ich in meiner grenzenlosen Spritzigkeit wieder einmal den Bundestag zum Toben zu bringen pflegte“ – so könnte er formuliert haben. Oder: „Wie ich bereits in dreizehn Talkshows dargestellt habe…“
Schreiben – oder ein Buch vorlegen?
Der Mann ist ein Selbstdarsteller, und deshalb glaube ich ihm, dass es ein „sehr bewegender Augenblick“ gewesen ist, das Buch aufzuschlagen, das von ihm selbst handelt.
Was mich aufregt, ist, wie verkommen über das Schreiben geschrieben wird. Kubicki hat nämlich in Wahrheit vor allem Interviews gegeben, sprich geschwafelt, was das Zeug hält, wie immer also. Der Prozess des Schreibens – die Kärrnerarbeit hat natürlich ein anderer erledigt – wird auf reine Wiedergabe, auf das Notieren des gesprochenen Wortes, reduziert.
Das Schreiben eines Buches aber ist mehr als bloße Reproduktion, mehr als Herstellen, als Zustandebringen. Ganz abgesehen vom konzeptionellen Part ist das Wortefinden ein höchst anstrengender, schöpferischer Prozess. Man ringt um jeden Satz. Um sein Hineinpassen ins Gefüge, um die Stimmung, die er transportiert. Auch um das, was man nicht sagt.
Schreiben ist Malen mit Worten. Auch Malen hat diese Doppelbedeutung – Handwerk und Kunstwerk.
Das Schreiben, hat Goethe zugegeben, komme ihn sauer an. So wie er es verstand, ist es halt harte Arbeit und damit etwas völlig anderes als das Absondern wohlklingender Sätze, die vor allem zum Zitiertwerden zusammengeschraubt sind.
Quelle: Lübecker Nachrichten vom 30. August 2019