Himmlers ernstgemeinte Hexenforschung

Text über Hexen aus einem alten LexikonIn der sehenswerten ZDF-Dokumentation Himmlers Macht wird über ein wenig bekanntes Kuriosum berichtet: seine geheime Hexenforschung.

Von einer derart mächtigen Führungsfigur nimmt man gemeinhin an, sie sei rational. Doch Himmler huldigte dem Okkultismus. Er hielt sogar Séancen ab.

Als geistiges Zentrum seines ‚Schwarzen Ordens‘, der SS, baute er die Wewelsburg aus, eine riesige Anlage 20 Kilometer südwestlich von Paderborn. In ihrem Nordturm ließ Himmler einen ‚Obergruppenführersaal‘ ausbauen, dessen Fußboden mit dem riesigen Ornament einer ‚Schwarzen Sonne‘ versehen wurde. Mit Symbolen, Andeutungen und Abkürzungen hatte es der Mann. Ein umfangreiches Forschungsvorhaben, den Hexen-Sonderauftrag, kürzte er mit ‚H-Sonderauftrag‘ ab, was sowohl geheimnisvoll als auch bedeutungsschwanger klang.

Hexen, das waren in der spinnerten Ideologie der Nazis die Repräsentantinnen einer altgermanischen Kultur. Nicht nur Himmler wollte diesem zusammenfantasierten Lebensstil zu Geltung verhelfen. Doch niemand steigerte sich so wie er in den Wahn hinein, mit seiner Hexenforschung könne er den entscheidenden Beitrag leisten.

Eine gigantische Karteikartensammlung

Er ließ hauptamtliche Mitarbeiter in Archiven nach Unterlagen über Hexenprozesse suchen. So entstand eine wahnwitzige Materialsammlung, die sogenannte Hexenkartothek. Mehr als 33.000 ausgefüllte Karteikarten und  markierte Landkarten kamen bei dem Vorhaben allerdings nicht heraus. Denn das eigentliche Ziel, die wissenschaftliche Auswertung, unterblieb.

Was aber, wenn geistige Nachkommen das Vorhaben weiterführen würden? Mit den heutigen Mitteln der digitalen Verarbeitung ließen sich ganz anders Verknüpfungen herstellen als vor 80 Jahren. Was, wenn Himmlers Hexenforschung wiederaufgenommen würde?

Diese Annahme ist die (fiktive) Motivation der Akteure meines Kriminalromans Die Hexenpapiere. Eine Kameradschaft namens ‚Sonnenbrüder‘ ist besonders im Harz aktiv, wo nach dem Willen des Anführers ein gigantisches Hexenzentrum entstehen soll. Natürlich nicht ohne politische Hintergedanken …
Wer in den Roman hereinhören möchte, kann meinen Podcast aufrufen, in dem ich aus Kapitel 6 der ‚Hexenpapiere‘ vorlese.

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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