Der Hausrat in Zeiten von Corona

Bilderrrahmen auf dem BettMan muss gar nicht unter Quarantäne stehen, um anarchische Zustände zu erleben. Denn der Hausrat in Zeiten von Corona ist auch nicht, was er sein sollte. Die Brille im Abfluss? Die Pantoffeln in den Schlafanzugtaschen? So besingt Reinhard Mey die Unordnung in seinem Stück „Ankomme Freitag, den 13.“. Eine Ausnahmesituation. Doch was tun, wenn auf absehbare Zeit jeden Tag Freitag, der 13., ist?

Auch hier hilft wieder der Philosoph. Diesmal lassen wir Nietzsche zu Wort kommen:

Ich sage euch: man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.

Das ist ein Zitat aus Also sprach Zarathustra. Klingt es nicht irre schön, einen tanzenden Stern zu gebären ? Dafür nimmt man doch ein Eckchen Chaos gern inkauf, oder? Oder?!

Glühlampe in der DekorationEhrlich gesagt, kommt es darauf an, wie das Chaos genau beschaffen ist und welches Maß es hat. Eine abgeschraubte und eventuell noch funktionstüchtige Glühlampe inmitten der Deko? Geht durch.

Bilderrahmen an den Stuhl gelehntEin paar Bilder-Wechselrahmen an einen Stuhl gelehnt, ihrem Zweck harrend, wechselbebildert zu werden? Na gut, für zwei, drei Stündchen.

Eine Trittleiter knapp hinter der Turnstange: zwei Stolperfallen also in allerkürzester Entfernung? Nein!! Auf keinen Fall! Wer möchte schon, wenn er aus Corona-Schutzgründen brav im Hause weilt, an Knochenbrüchen infolge Hindernistaumelns dahinsiechen?

Hausrat ohne Disziplin

Leiter und TurnstangeDer Hausrat in Zeiten von Corona entwickelt ein Eigenleben, wie es scheint. Denn er will nicht einfach ordentlich aufgereiht vor sich hin blitzen. Er verweigert Disziplin, als wäre er menschlich. Er zelebriert es, aus der Reihe zu tanzen. Er sonnt sich geradezu darin, an den unmöglichsten Stellen aufzutauchen. Bilderrrahmen im Bad? Brillen im Kühlschrank? Ja, warum denn auch nicht!

Wer mit so harmlosem Chaos nicht umgehen kann, wird weder Sterne tanzen sehen noch Krisen bewältigen. Wenn jeder Tag wie Freitag, der 13., ist, muss die Ente im Ofen auch mal mit Rosinen klarkommen. Und nicht nur Menschen wie Reinhard Mey müssen dann auch mal anschreiben dürfen.


Fotos: Karla Letterman

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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