In Zeiten wie diesen, in denen es plötzlich Vorschriften für alle gibt, ist es einfach, sich zu profilieren. Wer das tun will, drängelt, brummt und nörgelt. „Ich quängle also bin ich“, scheint das Motto der Beschwerdeführer zu sein. Was ist das: ganz banale Dummheit, oder Auffallenwollen um jeden Preis?Ähnlich wie manche Medienstrategen behaupten, Anti-Werbung sei auch Werbung, scheint es den Drängler*innen egal zu sein, ob sie unangenehm auffallen. Fühlen sie sich wichtig, wenn sie rücksichtslos sind? Nach der Devise: ‚Me first‘ ist auch nur eine Variante von ‚America first‘, und dafür wird man sogar ins Präsidentenamt gewählt?
Ein Beispiel. Beim Wochenmarkt in unserem Viertel klappte es ganz gut mit dem Abstandhalten. Bis eine Frau, die sich am Gemüsestand anstellen wollte, fand, die Schlange am Fischwagen sei ihr im Weg. Statt ihre Paddeligkeit als das zu nehmen, was es war – gewöhnliche Ungeschicktheit -, stemmte sie die Fäuste in die Hüfte und begann, die potenziellen Fischkäufer*innen zu maßregeln. Man stelle sich doch von rechts an und nicht von links, das gehöre sich einfach so, das wisse man doch, undsoweiter. Subtext: „Ich quängle also bin ich.“
Verständige Menschen hätten, als sie ihre Verwirrung bemerkten, einmal über sich selbst den Kopf geschüttelt, danach das Krönchen neu gerichtet und sich, „Gemüse ist mein Fisch“ murmelnd, zur richtigen Schlange begeben.
Vor dem Baumarkt regeln zwei äußerst höfliche Sicherheitsleute den Kundenstrom, eine Frau und ein Mann. Auf dem Parkplatz sind mit Absperrband Markierungen wie am Flughafen angebracht. Es ist nicht einfach, sie misszuverstehen. Außer man gehört der Fraktion „Ich quängle also bin ich“ an. Dann schnappt man sich mal eben einen Einkaufswagen und schiebt an den wartenden Menschen vorbei. Brummt etwas wie ‚Ich habe meine Oma in der Sanitärabteilung geparkt‘, ignoriert das Desinfektionsmittel und steuert frohgemut auf die Schiebetür zu. Doch die Sicherheitsleute sind geschult. „Sorry, Sir, es heißt ‚ich denke, also bin ich‘. Wer das nicht weiß, muss zurück auf ‚Los‘.“
Fazit: Mit philosophischer Bildung kommt man einfacher durch den Alltag.
Foto: Karla Letterman