Weil mir beim Arbeiten manchmal die Geduld ausgeht, habe ich meist verschiedene Projekte gleichzeitig am Wickel. Brauche ich z.B. 50 Quadrate für einen Patchwork-Schal oder eine Babydecke, kann es passieren, dass ich die ersten zehn euphorisch in Windeseile fertigstelle. Dann jedoch mag ich die immergleiche Wolle nicht mehr sehen – die Arbeit ruht. Auch bei einem Roman lassen sich die ersten zwei, drei Kapitel oft wie von Zauberhand schreiben. Dann wird es plötzlich zäh …
Andererseits ist ein Tag ohne Schreiben und ohne Handarbeit für mich ein schlechter Tag. Abgesehen davon, dass ich nicht untätig herumsitzen mag, gibt es eine Reihe Aktivitäten, auf die ich nur zu gern verzichte: Fenster putzen, Schuhe putzen, Staubsaugen, Rechnungen begleichen, …
Also: Her mit dem Laptop!
Während ich die Gedanken zum Folgeroman der Mörderischen Masche ein wenig sacken lasse, stolpert mir die Idee zu einer spannenden Kurzgeschichte in den Sinn. (Hoffentlich.)
Selbst wenn ich einen weniger inspirierten Schreibtag habe, gilt: Der Appetit kommt beim Essen. Ich beginne also, auf die Tastatur zu einzuhämmern, bis sich die ersten Sätze formieren. Sobald etwas Rohmaterial vorhanden ist, bin ich auf der sicheren Seite. Denn das Geschriebene kann überarbeitet, mit anderen Ideen kombiniert oder für später aufgehoben werden. Selbst wenn ich es irgendwann verwerfe, ist es zumindest eine Stilübung gewesen. Zeit, mich zu belohnen.
Her mit der Wolle!
Zusätzlich zu den Quadraten in Gelbtönen brauche ich auch gehäkelte Glückskäfer. Brauche ich? Aber klar doch. (Irgendwann bestimmt.) Auf jeden Fall muss ich jetzt andere Farben sehen als gelb.
Und als drei Marienkäfer in Pink, Orange und Weinrot fertiggehäkelt, zusammengenäht, mit Bastelwolle gefüllt und mit Punkten und Gesichtern versehen sind – siehe da: Da ist der Verdruss an den Häkelquadraten verflogen.
Am nächsten Tag kann es also mit dem Projekt in Gelb weitergehen. Und auch mit dem Roman. Doch, doch, ganz bestimmt. (Ansonsten zwinge ich mich, eine Kurzgeschichte über Nacktschnecken an Salatblättern zu schreiben. Da wird meine Inspiration dann sehen, was sie davon hat, und sich ins Zeug legen!)
Fotos: Karla Letterman