Supermarkt-Engel

Zwei Gewürze und zwei Flaschen SektNormalerweise sieht mein Besuch im Supermarkt so aus: Tief Luft geholt, Maske aus der Tasche gezerrt, aufgesetzt, durch den Markt gehetzt. Mit spitzen Fingern Ware aus dem Regal gezogen, mit gezückter Karte an der Kasse mit den Füßen gescharrt, bezahlt, raus. Tief Luft geholt. Mit anderen Worten versuche ich den Aufenthalt im Supermarkt so kurz wie möglich zu halten.

Doch nun hatte ich an zwei Tagen hintereinander ausgerechnet dort zwei ungewöhnlich nette Begegnungen.

Begegnung 1

Ich hetze zum Markt, weil ich schnell noch zwei Flaschen Sekt für einen Besuch am Abend brauche. Ich öffne die Tasche, zerre die Maske heraus – da ist gar keine! Ich muss also nach Hause zurück radeln, die Maske holen, wieder herradeln, und dabei bin ich sowieso schon knapp dran.

Der Mann in Jogginghosen, der sein Rad neben mir abstellt, merkt mir meine Bedrängnis offenbar an. Er fragt, ob er mir helfen könne. Ja, sage ich, wenn Sie mir zwei Flaschen Sekt mitbringen würden? Er tut es – und beeilt sich sogar noch mit dem eigenen Einkauf, damit ich nicht so lange warten muss!

Begegnung 2

Ich brauche Thymian und Rosmarin, kann aber kein Gewürzregal entdecken. Weder beim Ketchup noch hinter dem Gemüseregal, noch nicht einmal neben den faden Grissini.

Die netten Mitarbeiter*innen sind bei der Flaschenrücknahme oder sonstwo. Also frage ich die nächste Kundin. Sie wisse es auch nicht so genau, sagt sie, sie sei noch neu in der Gegend. Doch sie habe da so eine Idee, Momentchen, ich solle mal mitkommen. Und dann sucht sie für mich den halben Supermarkt ab, bis sie tatsächlich die Gewürze findet.

(Ich hoffe nur, lieber Supermarktengel Nr. 2, dass Sie beim nächsten Mal, wenn ich Gewürze brauche, auch da sind. Denn in welcher verschwiegenen Ecke Sie die gefunden haben, daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.)

Fazit

Darauf werde ich mir ein Gläschen Sekt gönnen. Allerdings muss ich noch mal kurz losradeln, die beiden Flaschen gestern waren ja ein Mitbringsel.

Also los: Tasche, Haustürschlüssel, Fahrradschlüssel, Maske … diesmal habe ich an alles gedacht!


 

Bild 1: Karla Letterman
Bild 2: von 445693 auf Pixabay

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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