In einer Welt, in der sich Stardesigner an Eieruhren austoben und in der es auch in Kleinstädten selbstverständlich anmutige Klorollenhalter zu kaufen gibt, sollten ausgerechnet der Deutschen liebste Kinder nicht hässlich sein. „Was für ein Allgemeinplatz!“, höre ich Dich, liebe Leserin, lieben Leser verständnislos rufen. Und überhaupt: Haben nicht gerade Autohersteller wahre Ikonen zustande gebracht? Käfer, Ente, Bulli, 300 SL, 911er, Isetta, Karmann Ghia, Diva… um nur einige zu nennen.
Ein Vermögen für missgestaltete Kisten
Dereinst wurden Schüler wie ich im Zeichenunterricht als Banausen verlacht, denen zum Thema Automobil nur ein ungelenker eckiger Kasten mit Rädern dran aufs Papier glitt. „Da ist jede Seifenkiste eleganter!“, urteilte auch mein Kunstlehrer, und ich bin sicher: zu gern hätte er den Ausruf „setzen, sechs!“ folgen lassen.
Vierzig Jahre später beweist ein Blick in meine Zeichenmappe: Designerin hätte ich werden sollen! Mein Gekritzel von damals wird an Plumpheit von der heutigen Realität lässig übertroffen.
„Klobig ist halt das neue Schön“, mag man achselzuckend anmerken. Doch ich, liebe Leserschaft, die ich nach meiner ehemaligen Schmach Buch um Buch zum Thema Gestaltung verschlungen habe, schmettere den klotzigen Protzkisten ein ratlos-empörtes „Warum nur?“ hinterher.
Diese Frage meine ich ernst, und deshalb habe ich meine Nase wieder in gelehrte Literatur gesteckt. Und habe heute ein Zitat gefunden, das meine schlimmsten Befürchtungen auf den Punkt bringt: „Gestaltung ist Haltung.“, enthüllt der Grafiker Helmut Schmid.
Da Käuferinnen und Käufer bereit sind, ein kleines Vermögen für missgestaltete umweltverachtende Treibstoffschlucker auszugeben, bin ich geneigt, meine Modellautosammlung darauf zu verwetten, dass in zehn Jahren die ersten privaten Panzer unsere Straßen bevölkern. Wobei – was heißt hier „bevölkern“… eigentlich fällt einem „entvölkern“ dazu eher ein, oder?
Foto: Karla Letterman