Hysterie beim Thema Wolf

Wölfe im KampfWer auf die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland zu sprechen kommt, sollte selbst ein dickes Fell haben. Denn sie oder er kann sicher sein: von mindestens einer Seite droht Hass! Hysterie beim Thema Wolf ist heute so sicher wie das sprichwörtliche Amen in der Kirche.

Da sind die unbedingten Befürworter. Ich meine damit nicht die Ruhigen, Besonnenen, die sachlich argumentierenden Gemüter, denen es um Artenschutz in all seinen Facetten geht. Sondern diejenigen, die Wölfe als eine Art Heilige betrachten und gegen den Abschuss sogenannter Problemtiere sind. Bei Vertretern dieser Spezies beschleicht einen leicht der Eindruck, das Wohlergehen von Tieren sei ihnen wichtiger als das von Menschen. Auch wenn es platt klingt, man muss den Leuten nur kurz zuhören, um zu diesem Schluss zu kommen.

Auf der anderen Seite die erbitterten Gegner. Die wollen Wölfe ins Jagdrecht aufgenommen sehen und schreien laut gegen eine „Wiederansiedelung“. Nun haben Umweltschutzverbände schon oft erklärt, dass es gar keine Wiederansiedelung (vergleichbar etwa der des Luchses im Harz) gibt, sondern dass Wölfe ohne zu fragen ihr Revier erobern.

Politiker*innen und Jäger*innen, die sich mit der Rückkehr der Wölfe befassen und sich öffentlich dazu äußern müssen, sehen sich heftigsten Schmähungen und sogar Drohungen ausgesetzt.

Die Lübecker Nachrichten veranstalteten eine Podiumsdiskussion, um, wie Chefredakteur Gerald Goetsch bei der Begrüßung sagte, zur Versachlichung beizutragen. Wer wie ich gehofft hatte, den Debattierenden würden unsachliche Beiträge um die Ohren gehauen, wurde allerdings enttäuscht. Die Moderation beschränkte sich aufs Stichwortgeben; die spätere Berichterstattung leistete gar einen Beitrag zur Polarisierung.

Viel Raum der Tierliebe

So wurde zwei Schäferinnen viel Raum gegeben, die nicht müde wurden zu betonen, wie sehr ihr Herz an ihren Tieren hänge. Eine erklärte, ein bei lebendigem Leib vom Wolf angefressenes Schaf dürfe nicht von seiner Qual erlöst werden, bevor der Wolfsberater komme – und das könne Stunden dauern. Jan Philipp Albrecht, zuständiger Umweltminister, stellte klar, dass die Rissproben auch vom toten Tier genommen werden könnten und dass das verletzte Schaf selbstverständlich erlöst werden könne.

Klar wurde, dass sich weder der Minister noch die Jägerschaft traut bekanntzugeben, wie viele Jäger*innen auf den aktuellen Problemwolf „GW924m“ angesetzt sind. „Eine größere Gruppe, die schon zweimal verstärkt wurde“, war das konkreteste, was Albrecht verriet. Der Grund seiner Zurückhaltung ist die Angst der Mitglieder dieser Gruppe vor fanatischen Wolfsfreunden.

Dennoch wurden einige Fakten genannt. Zum Bespiel: Wenn ein Jäger ein unter Artenschutz stehendes Tier erlegt, verliert er auf Lebenszeit seinen Jagdschein.

Auch wurde die Zahl insgesamt zu erwartender Wölfe in Deutschland beziffert: es sollen ca. 3500 sein, so wie in Italien. In Bulgarien z.B. halten sich dagegen 4000 bis 5000 Wölfe auf.


Foto: Karla Letterman

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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