Grüner Anstrich

5 Elektroroller stehen auf dem BürgersteigÜber Elektroroller wird viel geredet. In der Einführungsphase ging es vor allem um die Verkehrssicherheit und darum, ob die Gefährte cool rüberkommen. Nach und nach verschob sich der Fokus. Die Diskussion dreht sich immer häufiger um Rüpel-Fahrer*innen und Abstell-Ärgernisse. Doch ein Thema bleibt auf der Strecke: die Öko-Bilanz.

Genau diesen Aspekt möchte ich hervorheben, denn die hochtrabend ›E-Scooter‹ genannten Roller wurden der staunenden Bevölkerung als Öko-Wunder verkauft. All die Autofahrer, die auf Elektroroller umsteigen, würden Unmengen an CO2 einsparen helfen – sei es auf dem Weg zur Arbeit oder als Touri. Ein Elektroroller vor einem zerknickten StraßenschildAha!

Sehen wir uns also die Nutzer*innen einmal aus der Nähe an. Im Lübecker Stadtgebiet sehe ich vor allem Zwölf- bis 16-Jährige. Autofahrer, die umgestiegen sind? Wo?!

Es gibt sie natürlich auch: die Über-18-Jährigen und damit zumindest möglichen Führerscheininhaber*innen. Doch wo haben die noch gleich Laptop oder Kittel, sprich: ihre Arbeitsutensilien? Ach, vermutlich in der Hosentasche, wo ich sie nicht sehe …

Nun gut, dann helfen die Elektroroller eben keine PKWs auf dem Arbeitsweg zu reduzieren. Doch ansonsten steigen jede Menge umweltbewusste Menschen auf die Scooter um, z.B. Touristen. Das sieht man ganz klar daran, wie stark frequentiert die Strecke vom Hauptbahnhof in die Innenstadt ist. Ich habe mich da mal am Lindenteller platziert und zähle: eins … zwei … o, sorry, ich muss wohl eingeschlafen sein.

Elektroroller bedeuten mehr Energieaufwand

Nun mal Klartext! Ich widerspreche der Beteuerung, Menschen würden mittels der Elektroroller Energie und Schadstoffausstoß einsparen, weil sie statt dessen aufs Autofahren verzichten. Ich behaupte hingegen, E-Scooter sind ein zusätzliches Freizeit-Vergnügungsmittel, das junge Leute, die zuvor Fahrrad gefahren oder zu Fuß gegangen sind, dazu bringt, (unnötig) Energie zu verbrauchen.

Und die Anti-E-Scooter-Front? Sie ist wie oben erwähnt stetig angewachsen, auch deshalb sieht man vermehrt umgekippte und zerkratzte Roller. Auch im Wasser landen die Gefährte immer wieder – ein Umweltfrevel, den es ohne Elektroroller gar nicht geben würde.

Ein Elektroroller liegt auf dem FußwegUnd was tut man alles für die Verfügbarkeit? Am Ende des Tages fahren Mitarbeiter*innen der Scooter-Firmen mit Transportern durch die Gegend, um die versprengten Zweiräder einzusammeln. Dies ist zusätzliches Verkehrsaufkommen und bedeutet Energie-Extraaufwand.

Und noch einen winzigen Punkt möchte ich erwähnen, weil er mich abends immer so erbarmungslos anblinkt: Die ununterbrochene Nachtbeleuchtung. Während die umweltbewusste Bevölkerung darauf trainiert wurde, Stand-by-Betrieb bei Fernbedienungen oder Bildschirmen abzuschalten, blinken die Elektroroller munter weiter.

Ich für meinen Teil hoffe, dass die nächste Regierung grün genug ist, um dem E-Scooter-Schwachsinn Einhalt zu gebieten.

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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