Fräulein Helenes Gespür für Fische

Helene Bockhorst im Filmhaus LübeckAlso erst mal: Was fällt mir überhaupt ein, von einem Fräulein (noch lieber hätte ich gesagt: Frollein) zu reden?!
Nun ja, erwidere ich listig, Fräulein Smilla hat doch Maßstäbe gesetzt. Und außerdem: Helene Bockhorst benutzt diese Anrede selbst!

Und das hört sich folgendermaßen an. Ein Mann, irritiert vom Getexte seiner Bettpartnerin, die ihr Stöhnen mit den Worten „fick mich, fick mich!“ begleitet, könnte indigniert fragen: „Ja, junges Fräulein, was glauben Sie, was ich hier die ganze Zeit mache?“

Bockhorsts Markenzeichen ist eine aberwitzige Kombination aus kolportierten Sexszenen und der braven, mitunter schüchtern wirkenden Stimme, mit der sie vorträgt. So sagt sie im Tonfall einer Musterschülerin, die die Hausaufgaben vorliest: „Andere Künstler haben eine breite Themenpalette. Ich jedoch rede nur über Drogen und Sex. Ich hatte keine Lust zu recherchieren.“

Diese Darbietung ohne dramatische Gesten und Grimassen, ohne Schreien und theatralische Pointenankündigung, bei der man aber bei genauem Zuhören jede Menge Hintersinn entdeckt, gefällt dem Publikum. Ihr Video „Unfreiwillige Jungfräulichkeit“ entwickelte sich zu einem Renner. Jetzt tourt sie mit ihrem ersten Soloprogramm namens Die fabelhafte Welt der Therapie durch Deutschland.

Anleihe bei den Fischen

Sex- und Datingerlebnisse abendfüllend – geht das? Bockhorst kriegt es tatsächlich hin, ohne vulgär oder peinlich zu werden. Dafür unternimmt sie zahlreiche Ausflüge in die Welt der Fische. Dass sie besser zuhören können als jedes andere Haustier, ist nur eine kleine Anspielung auf Partnerschaften. Konkreter wird sie, wenn es um Romantik geht: In sieben bis neun Tagen formt der japanische Kugelfisch seinen Prachtbau aus Sand, um damit paarungswillige Weibchen zu beeindrucken. Manch ein Mann in der Menschenwelt dagegen halte sich schon für feinsinnig, wenn er zum Essen im Burgerrestaurant ein Teelicht auf dem Tisch platziere.

Helene Bockhorst sitzendDas Schaumnest mancher Labyrinthfische, das aus einer Art Spucke gebaut wird, nutzt Bockhorst als Überleitung zu einer Geschichte, in der sie mit einem Mann ins Bett geht als Wiedergutmachung für einen bespuckten Kragen. Schließlich sollte der Spuckefleck nicht die letzte Erinnerung aneinander sein – ein Beispiel für die absurde Logik, mit der sie ihre Zuhörerschaft umgarnt.

Der Nester spuckende Fisch dient der Comedienne auch noch als Seitenhieb auf rotzende Fußballer. „Schließlich stammen wir alle von Fischen ab“, verteidigt sie das eklige Verhalten durchschaubar vorgeblich. Überhaupt schneiden die Flossentiere in ihren Erzählungen pfiffig ab. Nachdem sie von eigenen missglückten  Schönheitsanwendungen berichtet hat, seufzt sie: „Fische machen solche Fehler nicht.“

Bunt wie ein Papageienfisch kleidet sich Fräulein Helene schon. Ob das ein neuer Anmache-Trick ist? Oder auch wieder nur ein plumper Fehler? Ich rechne fest damit, das in der nächsten Show zu erfahren!


Fotos: Thomas Schmitt-Schech

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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