Fix und fertig

Doener Kebap bei TayfunDie bunte Oma war ganz blass geworden, genau umgekehrt wie neulich in der Hubertusapotheke. Sie tat mir schon Leid. Außerdem war sie beim Einkaufenhelfen immer die Netteste gewesen. Ich zweifelte plötzlich, ob wir alles richtig machten. Doch ein Verbrechen verhindern geht immer vor, das weiß ich von Alopa. Dazu ist man als Mitbürger verpflichtet, auch wenn es mal unangenehm wird. Also sogar wenn man selbst auf die Fresse kriegt, obwohl das wer anders verdient hätte.

Die Krähe hatte vor Schreck eine Tasche fallen lassen, Marvin half ihr schon beim Aufheben. Leider konnten wir nicht richtig erkennen, was sie alles gekauft hatte, da lagen lauter kleine Kartons auf dem Gehweg.In einer Schachtel war ein Tortenheber drin, das konnte ich auf der Abbildung sehen.

„Was sagt ihr denn da?“, fragte die bunte Oma, und sie klang geschockt. Sprach ziemlich leise, gar nicht so wie wenn man sich aufregt. Dann schluckte sie, war bestimmt kurz vorm Heulen. Marvin und Bingo guckten mich an, ich glaube, sie hatten voll das Mitleid. Ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte. Aber alle warteten. „Wir sind Mitbürger und wollen was Schlimmes verhindern, weil…“ Weiter kam ich nicht, denn da schoben Weißkohl und die Heulsuse von links mit ihrem Rollator an und redeten schon auf Oma Raabe ein. Die taten so als wären wir nicht da. Sie luden die Einkaufstüten auf, auf jeden Rollator eine, und dann zockelten sie zu dritt ab.

Hand im Gesicht

Oma Opitz wackelte mit dem Kopf, guckte mich traurig an und sagte, wie enttäuscht sie von mir sei. Sie beachtete die anderen Buddys gar nicht. Ich wollte noch antworten. Dass es mir auch Leid tut, aber dass man manchmal echt nix machen kann und so. Doch da flitzte der alte Heinrich von der Seite an, und sie klagte mit einer ganz komisch hohen Stimme: „Gut dass Sie kommen! Sie müssen mich aufheitern, dieser schreckliche Junge macht mich fix und fertig!“ Ich konnte gar nicht so schnell gucken wie der alte Knochen mir seine Hand ins Gesicht klatschte! Dann legte er seinen Arm um die Schulter der bunten Oma und zog sie von uns weg. Mein Gesicht brannte, ich musste echt ein paar Tränen rausdrücken, um die Haut zu kühlen. Das will der Vater von einer Lehrerin sein! Voll der Skandal, der Typ!

„Sie müssen mich aufheitern, Herr Heitermann!“, äffte Bingo die bunte Oma mit verstellter Stimme nach. Ich riss mich ein bisschen zusammen, dann konnte ich mitlachen. Marvin schielte mich von der Seite an. „Tut´s weh?“ Ich konnte grad nicht antworten, weil ich einen Kloß im Hals hatte. Da sagte Bingo: „Mann, Leute, geil! Das Opfer ist in Sicherheit. Wir haben diese Bürgerdingsda voll drauf! Und wenn die bunte Oma jetzt statt der Krähe den alten Heinrich als Opfer nimmt, dann geschieht´s ihm ganz recht!“

Marvin versprach, dass wir als Belohnung für unsere Rettung der Krähe einen fetten Döner kriegen würden, sogar mit Jalapenos, wenn wir wollen. Doch es kam ganz anders. Ganz ganz anders sogar.


Foto: Pixabay

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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