Heute bin ich blau!
Heute mache ich blau!
Heute könnt Ihr mit mir das blaue Wunder erleben!
Aber nicht, dass am Ende noch jemand den Blues bekommt…
Der Neujahrstag ist ein geradezu ideales Datum, um sich mit Redewendungen rund um die Farbe Blau zu beschäftigen.
Also: Woher kommt die Redewendung „blau machen“ in der uns geläufigen Bedeutung „sich (illegal) frei nehmen“?
Es gibt verschiedene Erklärungen. Die am häufigsten zu hörende besagt, die Formulierung stamme aus dem Färberberuf. Die einen führen den Ursprung bis ins Mittelalter zurück, als sonntags Stoffe in ein Färbebad mit Indigoblättern eingelegt wurden. Die Stoffe färbten sich jedoch erst blau, wenn das Indigo zusammen mit dem Sauerstoff der Luft oxidierte – und das geschah am Montag. Da dieser Trocknungsvorgang einige Zeit in Anspruch nahm, hatten die Färbergesellen derweil nichts zu tun. Sie konnten „blau machen“, bis die Wolle fertig war. Man spricht auch vom Blauen Montag.
Andere Quellen bringen das Blaumachen in Zusammenhang mit der Blue Jeans. Auch hier geht es um den Färbevorgang mit Hilfe von Indigoblättern – aber zu Zeiten der Goldsucher.
Allen Erklärungen gemeinsam ist, dass Menschen faulenzen konnten, während sie auf das Ergebnis eines Arbeitsschrittes warten mussten.
Der Blues und das Blaue Wunder
Angesichts solcher Zeitverschwendung würden wir heute, im Zeitalter der Effizienz, vielleicht den Blues kriegen. Warum denn den, und nicht vielleicht den „Greens“?
Die Farbe Blau steht im englischen Sprachraum auch für eine bedrückende, melancholische Stimmung. Der Duden erklärt, the blue devils sorgten für einen Anfall von Depression. Feeling blue bedeutet „niedergschlagen sein“. Und der Blues ist keine fröhlich-unbeschwerte Kindermusik.
Man könnte also sein blaues Wunder erleben, wenn man in den Club geht und Reggae erwartet, aber Blues auf die Ohren bekommt.
Denn Blau galt früher als Farbe der Täuschung und Lüge (Interessant, oder? Später war es plötzlich die Farbe der Treue!). Bedenkt man dies, ergibt auch die Verwendung der Farbe in den Redewendungen „Das Blaue vom Himmel herunterlügen“ einen Sinn.
Blau sein
Was auch Sinn ergibt, ist, am Neujahrstag blau zu sein. Denn: wann sonst kann man akzeptierter Maßen so viel trinken wie an Sylvester? Dann gibt es halt die Nachwirkungen am 1. Januar, was soll’s, man wusste es vorher.
Auch beim Färbeprozess (s.o.) wusste man genau, was man tat. Bevor man sich Indigoblätter leisten konnte, verwendete man die heimische Pflanze Färberwaid. Und nun brauchte man Sonne – und Männer, die Alkohol tranken. Denn für die Farbgewinnung war menschlicher Urin wichtig, dessen farbgebende Wirkung sich mit Alkohol deutlich verstärkte.
Die Färbergesellen waren also blau, während sie blau machten, und das hatte dieselbe Ursache. Na – haben das die Zustände des Neujahrstags nicht auch? Klar – die Erklärung liegt im vorigen Jahr.
Fotos: Patric-Pablo Eller (1); Karla Letterman