Da muss man improvisieren

Oma mit LippenstiftIch warte und warte. Die Lippenstiftoma wackelt weiter, sie geht ins Stoffgeschäft rein. Was sie da wohl will? Sie näht doch nicht. Und vom Stricken hat sie auch nie gesprochen. Ich luge mal durch die Scheiben, da steht sie mit zwei Röllchen in der Hand. Sehen aus wie so kleine Seifenblasendosen, nur nicht blau. Kann auch nicht sein im Nähgeschäft, oder? Sie geht zur Kasse – und siehe da: die Verkäuferin fischt Knöpfe aus den Röllchen! Keine roten, orangen oder pinken, ich bin ganz baff. Quietschgrün sind die einen, grellgelb die anderen. Und riesig! Das muss Leon sehen!

Wo bleibt der überhaupt, frage ich mich. Ist schon 10 Minuten überfällig! Ist die SMS nicht rausgegangen? Ich sehe nach. Doch, sie wurde gesendet, einwandfrei. Naja, geht mit dem neuen Fahrrad wohl doch nicht so schnell? Wünscht sich bestimmt zum nächsten Geburtstag ein Lufttaxi.

Geiler Trick

„Na, mein Junge, was machst du denn hier? Für Mutti bisschen Nähgarn kaufen?“ Verdammt, ich war nicht schnell genug! Bin ich jetzt aufgeflogen? Verbrannt, wie ein unfähiger Agent?! Quatsch, da muss man eben improvisieren. „Nee, Frau Opitz, ich verfolge Sie! Was dachten Sie denn?“ Die bunte Oma lacht und lacht und bekommt einen Schluckauf und muss husten und knickt zur Seite ein, sodass ich sie schnell ein bisschen abstütze. Als sie sich beruhigt hat, zückt sie so’n altmodisches Spitzentaschentuch und tupft sich den Mund ab. Das macht Abdrücke von zerquetschten, nicht ganz reifen Kirschen. „Das war gut, mein Junge, du machst mir Spaß!“
Geiler Trick von mir, ne?


Foto: ArtWithTammy/Pixaby

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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