Vor ein paar Tagen erklärte mir ein Referent bei der Jobbörse, wie Konzerne eingehende Bewerbungen sieben: sie setzen ihre Standardsoftware auf die Suche nach Schlüsselworten an. Wer weniger als – sagen wir – zwei Drittel der als relevant eingestuften Chiffren in seinen Texten untergebracht hat, fällt sofort durchs Raster. Da guckt kein Mensch mehr hin.
Was sind denn die Zauberbegriffe? Sehen wir uns die Ausschreibungen an. Teamplayer werden gesucht, bitteschön unternehmerisch denkende. Dass die Kollegen in spe flexibel und belastbar sein sollten, versteht sich von selbst. (Sollte das eine Umschreibung für unbezahlte Überstunden sein, gern spätabends und samstags, während andere im Kino Popcorn mümmeln? Doch nein: ein Schelm, der Böses denkt angesichts so schöner Worte.) Kreativität wird längst auch von Bürokaufleuten erwartet, Penibilität von Grafikdesignern.
Am Ende des Studiums, selbst auf Jobsuche, nannten wir derlei Anforderungen ironisch die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau. Die Suchenden verwendeten gern Fotos von aufgekrempelten Hemdsärmeln als Sinnbild für zupackende, dynamische Wunschmenschen. Haben wir gelacht!
Die damals mitgelacht haben, suchen heute als Personalverantwortliche selbst die neuen Arbeitshelden. Die Imagefotos zeigen keine Ärmel mehr, sie zeigen Lippen, die smart lächeln, fröhlich Fachbegriffe formen und nur Nettigkeiten über Kollegen zu sagen wissen.
Es bleibt: die Suche nach den vollkommenen Mitarbeitern. Regulative Idee, sollte man mit Kant meinen: erstrebenswert, doch in unserer Welt unerreichbar.
Selbst wenn die HR-Teams dieser Zeit solcherlei Ansicht teilten, grätschte die Auswahl-Software dazwischen. Stur lässt sie nur Stereotypen passieren; wer individuell formuliert, wird weggebissen. So landet die Bewerbung des ideenreichen authentischen Querdenkers, der ein Unternehmen mit seinem umfassenden Ansatz wirklich voranbringen könnte, im Müllkorb. Auf dem Tisch der Personaler hingegen: 299 hochmotiviert wiederkäuende Teamplayer, virtuell belastbar und die schönen Scheinbegriffe flexibel verwendend.
Mein Vorschlag für ein kreatives Human-Resources-Team: Dreht doch mal den Algorithmus des Auswahl-Programms um! Lasst Euch nur Bewerbungen weiterreichen, die höchstens 10 Prozent der Schlüsselworte enthalten. Eine Arbeitsersparnis in mehrfacher Hinsicht… Ich werde bei der nächsten Jobbörse einen Vortrag dazu platzieren!