180. Badejubiläum in Bad Lauterberg

Ein Mann erhält beim Badejubiläum einen Wasserguss mit dem Schlauch

Badekur mit Kaltwasserguss

Ende Juli 1839 führte Dr. med. Ernst Heinrich Benjamin Ritscher im damaligen Flecken Lauterberg, idyllisch am Rande des Südharzes gelegen, die Kaltwasserkur ein. Dies nimmt das heutige Städtchen Bad Lauterberg alle 25 Jahre zum Anlass, das so genannte Badejubiläum zu begehen. Vor fünf Jahren fand die Jubelfeier zum 175. Jahrestag statt. Warum nicht stilvoll mit einem Gläschen aus der Bergquelle zum 180-jährigen Jubiläum anstoßen?

Auch wenn statt Wasserkuren heute eher Wellness-Anwendungen gefragt sind: der Grundstein dazu wurde im vor-vorigen Jahrhundert gelegt. Ritscher nahm sich ein Beispiel an Vincenz Prießnitz, der mit Kaltwasser-Wickeln die „Gräfenberger Kur“ entwickelt hatte.

Die Königlich-Hannoversche Regierung gewährte ein Reisestipendium von 200 Goldtalern, das Ritscher die Reise über Prag ins Sudetenland zu Prießnitz ermöglichte.

Duschen, Wickel und Diät

Alte Postkarte aus Bad Lauterberg zum Badejubiläum

Historische Postkarte aus Lauterberg

Zur Hydrotherapie gehörten nicht nur (Freiluft-) Duschen, ausgiebiges Wassertrinken, Wickel und Umschläge, sondern auch eine gesunde Diät und viel Bewegung an frischer Luft. Zusammen mit einer Handvoll überzeugter Mitstreiter ließ Dr. Ritscher in und um Lauterberg neue Wanderwege anlegen und Räume für die Kuranwendungen errichten.

Armbad in Bad Lauterberg, wie beim BadejubiläumDer Tagesablauf der damaligen Kurgäste ginge heute fast schon als Survival-Trip durch. Im Morgengrauen mussten sie sich mit kaltem Wasser waschen. Dann hieß es, vor dem Badewärter antreten, der den Körper mit Kannen- und Eimerfüllungen kalten Wassers übergoss. Es folgte das Eintauchen in eine mit kaltem Wasser gefüllte Wanne. Immerhin durfte man sich abtrocknen, bevor der Morgenspaziergang an der frischen Luft winkte. Dabei stärkte man sich mit 6-8 Gläsern Wasser – direkt aus einer Quelle im Kurpark. Gefrühstückt wurde im Freien: Butterbrot, Milch – und das unvermeidliche Wasser. Später am Tag gab es Schwitzpackungen, weitere Wanderungen, Sitz- oder Regenbäder und Duschen. Kaffee, Tee und Schokolade gestattete Ritscher seinen Patienten nicht. Das Rauchen jedoch war erlaubt.

Frische Luft und Entschleunigung

Kurpark Bad LauterbergAus heutiger Sicht mag man es kaum glauben, doch Ritscher, dem von König Georg V. der Titel Sanitätsrat verliehen wurde, erzielte große Erfolge. Kerngedanke der Kaltwasserkur war es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Dies war auch Vincenz Prießnitz in einem Selbstversuch gelungen, nachdem sein Arzt ihn nach einem Unfall bereits aufgegeben hatte. Eine Parallele zu Sebastian Kneipp, der sein Lungenleiden 1849 mit Bädern in der eiskalten Donau kurierte und dann als Wasserdoktor bekannt wurde.

Wanderweg an Rapsfeld und Wald

Der Flecken Lauterberg erhielt 1906 die Genehmigung, sich „Bad“ zu nennen. Die Kaltwasserkuren wurden abgemildert, im Laufe der Zeit wurden Kneipp- und Schroth-Kuren angeboten. Der Ort wurde von Kurgästen entdeckt, wie mancher ältere Einheimische noch heute die Touristen bezeichnet. Auch wenn sich vieles geändert hat: frische Luft und Entschleunigung sind im 21. Jahrhundert wieder gefragt. Für das Städtchen im Südharz ein guter Grund, sein Badejubiläum zu feiern!

 

Konzert zum Badejubiläum im Kurpark Bad Lauterberg

Blick auf das Kurhaus beim Badejubiläum


Fotos: Stadtarchiv Bad Lauterberg; Thomas Schmitt-Schech, Karla Letterman

 

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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