Frau Heitermann, unsere Lehrerin, hat gesagt, wir sollen wissen, woher wir kommen und was es mit dem Harz auf sich hat. „Heimatkunde“ nennt sie das. Larissa ist ein bisschen zusammengezuckt, als sie das Wort gehört hat, aber Alopa meinte, das hat er in Österreich auch gelernt, und er fand es leiwand. Das habe ich Frau Heitermann erzählt, und sie hat gedacht, Alo wäre Maler und hätte seine Heimat auf eine Leinwand gemalt.
Da sieht man mal wieder, was Lehrer alles nicht kennen! Meine drei Kumpels und ich mussten voll ablachen, denn wir wissen es natürlich besser. „Leiwand heißt toll!“, habe ich dann der Klasse erklärt. „Auf österreichisch.“ Vielleicht hätte ich lieber die Klappe halten sollen, denn Frau Heitermann hat sofort eine Hausaufgabe daraus gemacht. Wir sollen jetzt unsere Omas und Opas fragen, was für typische Harzwörter sie kennen.
Typisch Harz: der Teufel!
Omas und Opas fragen: gähn! Ich weiß selbst, was typisch Harz ist. Der Teufel natürlich! Es gibt das Teufelsbad bei Osterode, da hat mein Kumpel Leon mal sein Schlüsselbund verloren. Konnte er nicht wiederholen, weil’s total sumpfig ist. Da wär‘ er glatt versunken. Hinterher war bei ihm zu Hause der Teufel los.
Ich bin selbst mal mit Larissa und Alopa in Thale gewesen, da ist irgendso ein Tal, das die beiden ganz toll fanden. Wilde Landschaft oder so. Ich wieder: gähn! Aber dafür fand ich die Fahrt mit der Seilbahn mega. Da kamen wir beim Hexentanzplatz an – und wer hockt da oben auf dem Felsen? Natürlich der Gehörnte, wie meine Uroma immer sagt.
Der Teufel sitzt auch im Weingartenloch, ganz hier in der Nähe von Lauterberg. Das ist eine Sage, die mir meine Oma mal vorgelesen hat. Damals war ich noch kleiner, und sie hat mir ganz schön Angst gemacht. Es ist eine unheimliche Geschichte mit dem Teufel als Hund, der einen großen Schatz bewacht.
Viel geiler finde ich die Teufelsmauer. Die ist ein Stückchen weg von uns, fast eine Stunde zu fahren. Es sei denn man heizt wie der Teufel. Hihi, guter Dschokie, oder? Alopa hat mir groß und breit erklärt, was für ein Gestein das ist und wieso diese Mauer so besonders ist. Ich natürlich: gähn. Ist doch klar, wieso die besonders ist, ist doch die Teufelsmauer!
Die Touris kennen natürlich nur den Brocken, weil der überall in den Büchern steht.
Wandern, Blasen, Walpurgis und Äste
Leon meint, Wandern ist ein typisches Harzwort. Wenn ich das schon höre! Da fallen mir sofort „Blasen an den Füßen“ ein! Ein bombe Wochenend-Erlebnis, immer wieder. Wenn man eh schon fast fertig ist, stolpert man noch über alle möglichen Äste, die überall rumliegen. Äste sind auch echt Harz.
Marvin findet Hexen typisch. Auch weil sie zu Walpurgis gehören. Hat sogar ein berühmter Dichter drüber geschrieben, Göhte. Der ist gar nicht so fack-ju. Sagt Mama jedenfalls. Walpurgis ist ein cooles Fest mit großen Feuern und Verkleidung. Dafür kommen viele Touris in den Harz. Aber ich habe den Verdacht, dass Marvin mit Hexen auch ein paar… äh: Leute aus unserer Schule meint.
Typisch Schule…
Typisch Harz ist also Wandern und Teufel und Sagen und Hexen und Äste und Berge natürlich. Und auch Touris, irgendwie. Doch was sagt Frau Heitermann dazu? Sie meinte was ganz anderes mit der Aufgabe!
Am besten fand sie, was Bingo ausgegraben hat: „Glückauf“. Ausgerechnet der alte Pole, der überhaupt keine Großeltern hier in der Gegend hat! Und außerdem wollte sie Sachen wie „Fahrkunst“ hören, auch aus der Bergmannssprache. Ausdrücke, die man woanders nicht kennt. Wie „leiwand“ eben.
Typisch Schule. Immer ist alles anders als man denkt!
Aber ein Gutes hat die Sache: Wir machen einen Ausflug zur Grube Samson in Andreasberg. Die hat eine Fahrkunst, die auf der ganzen Welt bekannt ist. Leon dachte gleich wieder an schnelle Autos, haha, das ist hier gar nicht gemeint. Es geht um echt abgefahrenes Abfahren in den Berg. Da ist es dunkel wie in der Hölle. Sind wir also wieder beim… ihr wisst schon.
Fotos: Thomas Schmitt-Schech (Walpurgis); Jochen Klähn (Fahrkunst); Karlas Letterman (Landschaft)