Poesie mit dem Duft der Straße

Sebastian 23 macht Poesie mit dem Duft der StraßeLange Zeit ging es mir so: wenn ich an Poesie dachte, flirrten Bilder von Biedermeiersträußchen und barocken Kleidungsstückchen vor meine Augen.Mein persönlicher Bezug war entsprechend: keiner. Es sei denn, ich träumte gerade von einer Karriere als Hofdame und spielte mit dem Gedanken, nach Monaco oder so auszuwandern. Doch derlei Träume hatte ich weder oft noch lange. Deshalb war mir Prosa immer ungleich näher als Lyrik.

Doch nun gibt es Poetry Slam, und damit sieht die Sache ganz anders aus. Das ist Wortakrobatik, die was mit dem Jetzt zu tun hat, etwas verwegener ausgedrückt: sie duftet nach Straße. Richtig wahrgenommen habe ich diese neue literarische Gattung 2013, nachdem Julia Engelmann den Bielefelder Hörsaal slammte, man kann in diesem Fall auch sagen: rockte.

Richtig angesteckt bin ich, seit ich das Vergnügen hatte, Sebastian 23 live zu erleben. Stellt sich der Mann da hin und sagt Sätze wie „Berge sind Wellen, die bleiben“! Oder, meine Lieblingszeilen: „Flüsse sind Meere auf Reisen // Zugfahrn ist Fließen auf Gleisen“. Seine Bandbreite – thematisch und auch stilistisch – ist groß, ich war so begeistert, dass ich mir eine Rezension nicht verkneifen konnte.

Und nun?

Warte ich auf den nächsten Poetry Slam. Zum Glück ist die Zeit nicht lang.

Über Karla Letterman

Krimiautorin und Kolumnistin aus Lübeck. Stammt aus dem Harz und hat in Göttingen und Hamburg gelebt.
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